![]() |
| Start | Kunst | Musik | Literatur | Politik | Kulinarie | Deutsch-Bosnische Kulturgesellschaft | Internationaler Literaturclub | webgallery24 |
Eröffnungsrede zur Präsentation des Buches Ich hätte dich gern lachen sehen ( von Heinz Auernig ) Die Menschen identifizieren sich in ihren Empfindungen mit dem Negativen,
behauptete der erste große Lebensphilosoph: Arthur Schopenhauer.
Haben wir Schmerzen, leiden wir darunter, jammern, klagen und fühlen
uns schlecht. Haben wir keine Schmerzen, denken wir keine Sekunde daran,
uns überhaupt zu freuen, es sei denn, wir werden mit dem Schmerz
anderer konfrontiert. Sind Glück, Freude und Wohlbefinden also die
Abwesenheit von Schmerz? Und registrieren wir, dass es un gut geht, nur
wenn wir sehen, dass es anderen schlecht geht? Nein, natürlich nicht,
werden Sie jetzt antworten, wir empfinden Glück und Freude beim Anblick
spielender Kinder, einer schönen Katze oder einer Blumenwiese, beim
Ansehen und Schmecken von gutem Essen und Wein, oder auch wenn ein Grazer
Fußballklub nach über hundert Jahren endlich österreichischer
Meister wird und der andere Klub, dem das schon gelungen ist, sich im
letzten Moment vor dem Abstieg retten kann. Warum freuen wir uns nicht gewusst darüber, gesund zu sein und keine
Sorgen zu haben? Schön langsam könnten Sie sich fragen, warum ich Ihnen das alles erzähle: Nicht weil ich gerade Kopf- oder Zahnschmerzen habe, auch keinen Liebeskummer, und über meinen Kontostand will ich lieber Schweigen bewahren, sondern weil wir Ihnen heute Abend ein Buch präsentieren möchten, auf dessen Rückseite steht: „Friede ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Deshalb ist dies eine Friedens-Anthologie, nicht bloß ein Anti-Kriegsbuch.“ Die Herausgeberin ist Emina C.-Kamber, die ich hiermit begrüßen darf, wie auch die Verlegerin Astrid Kubowsky. Emina Kamber veröffentlichte vor einigen Jahren ein Anti-Kriegsbuch,
das vor einem Krieg im zerfallenden Jugoslawien warnte und als die Warnungen
ungehört blieben, die grausamen Jahre dieses Krieges dokumentierte,
das „ Hamburger Kriegstagebuch“. Für ihr großes
Engagement gegen diesen Krieg wurde sie mit der Verdienstmedaille des
Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Die Lyrik-Anthologie „ Ich hätte dich gern lachen sehen „ will aber eben mehr vermitteln, als das vage Glücksgefühl der Abwesenheit von Schmerz: „ Der Frieden ist mehr (...), er ist die Voraussetzung für die Zukunft des Menschen“, heißt es dort weiter. Und wie sehr richtig und wichtig dieser Satz ist, erleben wir in der Gegenwart täglich durch die Kriegsberichterstattung aus dem Orient, den wir den ‚ Nahen Osten ‚ nennen, wobei sich die Frage stellt, wie nache uns dieser Osten wirklich ist. Es sollte es sein. Die in dieser Anthologie vertretenen Lyriker stellen sich also in den Dienst des Friedens, beschreiben die große Aufgabe, aus ihm etwas zu machen. Sie stammen aus verschiedenen Ländern, aus Deutschland, dem Iran, aus (dem damaligen) Jugoslawien und Italien und leben heute in Schweden, Kroatien, Österreich, Bosnien und Deutschland, die einen freiwillig oder halb freiwillig, die anderen nicht. Emina Kamber gehört zu den ersteren: Als einziges von elf Kindern
verließ sie ihre bosnische Heimat und ging mit 21 Jahren nach Hamburg.
Seit 1984 ist sie dort als freie Schriftstellerin, Übersetzerin und
Journalisten tätig. Sie veröffentlichte Lyrik und Kurzprosa
in mehreren Sprachen, zum Teil mit eigenen Illustrationen und auch eine
CD mit Sevdah, mit bosnischen Liebesliedern, von denen sie uns nach der
Lesung einige zu Gehör bringen wird. Diese CDE finden sie gleichfalls
am Büchertisch, wie auch ein weiteres soeben erschienenes Buch über
die Arbeit Emina Kambers mit „ Kindern in Bosnier-Herzegowina nach
dem Kriege“, wie sie ihre Dokumentation „ Wenn die Granaten
fallen bleibt dein Herz stehen“ im Untertitel nennt. Hier sind zahlreiche
Ergebnisse der jahreslangen Arbeit mit Kindern in der Malschule für
Textildesign in der bosnischen Stadt Kakanj abgebildet und auch literarische
Reflexionen der Kriegszeit zu finden. Der Mitherausgeber Uwe Friesel erwähnt in seinem Vorwort zur Friedensanthologie
einen Aufsatz Immanuel Kants aus dem Jahr 1795, der den Titel Zum ewigen
Frieden trägt. Kant spekuliert darin mit einem verbindlichen Völkerrecht
als Voraussetzung für den andauernden Frieden, dessen höchstes
Prinzip lauten müsse: Warum gehen wir nicht einfach davon aus, dass die Zeiten vorbei sind, in den wir den Krieg bekämpfen mussten. Jetzt werden wir den Frieden gestalten. Wir werden bewusst keine Kriege mehr haben und uns täglich darüber freuen. Wir leben ab jetzt in der Nachkriegszeit und nie mehr in einer Zwischenkriegszeit.
|
|||
|